Der Stadtteil Sülldorf, oft als das letzte Bauerndorf Hamburgs bezeichnet, pflegt bis heute eine besondere Tradition: den alljährlichen Erntedankumzug. Hier, wo u.a. die Höfe von Ramcke, Timmermann und Glissmann noch immer das Bild der Gegend prägen, wird jedes Jahr im Herbst das Erntedankfest mit einem Umzug gefeiert, der tief in der Geschichte der Landwirtschaft verwurzelt ist.
Was macht den Erntedankumzug in Sülldorf besonders?
Seit Jahrzehnten gehört der Umzug zum festen Bestandteil des Festes und bringt die Menschen der Stadtteile Sülldorf und Iserbrook zusammen. Nicht nur die ansässigen Bauern nehmen daran teil – auch Schulen, Kindergärten, Jagdvereine und viele weitere lokale Gruppen tragen mit ihren geschmückten Wagen und bunten Darbietungen zur festlichen Atmosphäre bei. Der Umzug startet traditionell nach dem Erntedankgottesdienst um 10 Uhr, der in der örtlichen Kirche stattfindet. Gegen 11 Uhr beginnt dann der eigentliche Umzug durch die Straßen Sülldorfs und Iserbrooks.
In diesem Jahr, aufgrund von Bauarbeiten am Sülldorfer Kirchenweg, bleibt der Umzug jedoch im Süden der Sülldorfer Landstraße. Trotz kleinerer Veränderungen im Ablauf – wie dem Spielmannszug, der mittlerweile aus Tornesch kommt, statt von Komet Blankenese oder Blau-Weiß Osdorf – bleibt der Umzug eine Feier, die viele Nachbarn an die Straßen lockt. Mehrere hundert Menschen versammeln sich jedes Jahr, um den Umzug zu begleiten und die Gemeinschaft zu feiern.
Eine Tradition im Wandel der Zeit
Wie in vielen Regionen hat auch die Landwirtschaft in Sülldorf nicht mehr die Bedeutung, die sie früher hatte. Dennoch bleibt das Erntedankfest ein wichtiger Bestandteil des lokalen Lebens, nicht nur für die verbliebenen Bauern, sondern für die gesamte Gemeinschaft. Der Umzug ist ein Symbol der Dankbarkeit – für die Ernte, aber auch für das Zusammenleben und die Natur. Auch wenn die Anzahl der Festwagen im Laufe der Jahre abgenommen hat und heute kein Obst oder Brötchen mehr an die Zuschauer verteilt wird, bleibt der Umzug ein verbindendes Ereignis.
Ursprung und Bedeutung des Erntedankfestes
Das Erntedankfest selbst hat seine Wurzeln tief in der Geschichte und wird seit Jahrhunderten in vielen Kulturen gefeiert. Es ist ein Fest, das die Menschen daran erinnert, für die Früchte der Erde dankbar zu sein – besonders in Zeiten, in denen die Landwirtschaft noch existenziell für das Überleben war. In Deutschland ist der Erntedanktag oft eng mit dem christlichen Glauben verbunden und wird in vielen Kirchen mit einem festlichen Gottesdienst begangen. Die Altäre werden dabei mit den Gaben der Natur – Obst, Gemüse, Getreide und Brot – geschmückt, um die Fülle der Ernte zu würdigen.
Doch auch außerhalb religiöser Kontexte hat das Erntedankfest in unserer modernen, städtischen Gesellschaft seinen Platz gefunden. Es ist ein Tag, um innezuhalten, sich zu besinnen und Dankbarkeit zu zeigen – egal ob für eine gute Ernte oder für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft. Besonders in einer Gegend wie Sülldorf, die noch stark von landwirtschaftlicher Tradition geprägt ist, hat das Fest eine besondere Bedeutung.
Ein Fest für alle Generationen
Das Schöne am Erntedankumzug in Sülldorf und Iserbrook ist, dass er Menschen jeden Alters zusammenbringt. Gerade für kleinere Kinder ist der Umzug mit den bunt geschmückten Wagen und den traditionellen Liedern ein Highlight. Viele Familien nehmen sich bewusst die Zeit, diesen Tag gemeinsam zu genießen und die Freude an der Gemeinschaft zu erleben. Die Erwachsenen schätzen vor allem die Gelegenheit, alte Freunde und Nachbarn zu treffen, während die Kleinen die verschiedenen Wagen und Darbietungen bestaunen.
Fazit
Auch wenn sich die Zeiten ändern und die Landwirtschaft in Sülldorf nicht mehr die Bedeutung von einst hat, bleibt der Erntedankumzug eine liebgewonnene Tradition. Er ist mehr als nur eine Erinnerung an die Ernte – er ist ein Tag, an dem die Gemeinschaft zusammenkommt, um sich gegenseitig Dankbarkeit und Freude zu zeigen. Ob religiös oder nicht, jeder kann an diesem Tag etwas mitnehmen: das Gefühl der Verbundenheit und die Wertschätzung dessen, was das Jahr uns gebracht hat.